„Welche Motive bewegen Jugendliche, strafbare Taten zu begehen? Wer sind diese Jugendlichen? Sind Erziehung/Familie/Umfeld und Fernsehen mögliche Einflussfaktoren für straffälliges Verhalten Jugendlicher?
Die Lebensphase Jugend stellt eine der ausschlaggebensten Phasen im Leben eines Menschen dar. Das Studium der Lebensphase Jugend ist deshalb von besonderen Interesse, weil sich innerhalb einer Spanne von 10-15 Jahren erhebliche Veränderungen der körperlichen, geistigen, emotionalen und sozialen Entwicklung abspielen. Der Prozess der menschlichen Entwicklung in produktiver Auseinandersetzung mit der sozialen und gegenständlichen Umwelt kann in der Jugendphase in besonders intensiver und verdichteter Form beobachtet werden(vgl. Hurrelmann 1994, S. 12).
In dieser Arbeit wird besonders auf die misslingende Prozesse der Auseinandersetzung Jugendlicher mit ihrer sozialen Lebenssituation eingegangen.
Zentrale Termini aller vorgestellten Erklärungsansätze sind "abweichendes Verhalten", "Delinquenz" und "Kriminalität", die in der Literatur teilweise synonym verwendet werden, allerdings feine Bedeutungsunterschiede aufweisen.
Abweichendes Verhalten: Ist gewissermaßen der Sammelbegriff für verschiedene nonkonforme Verhaltensformen.
Delinquenz: Mit dem Begriff der Delinquenz entsteht eine Eingrenzung der Formen des Fehlverhaltens, die insbesondere von Jugendlichen im Vorfeld oder im Umfeld der Kriminalität ausgeführt werden. Delinquentes Verhalten umfasst Verhaltensweisen, die sowohl von allgemeinen gesellschaftlichen Normen abweichen, als auch der strafrechtlichen Norm widersprechen.
Kriminalität: Kriminalität bezeichnet jede Form von Verhalten, das der strafrechtlichen Norm widerspricht.
Delinquenz kann in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen auftreten. Man unterscheidet zwischen
· Eigentums- und Gewaltdelikten
· Sexual-, Ordnungs- und politische Delikte
· Organisierte Verbrechen
Sehr viele Untersuchungen aus den unterschiedlichsten Ländern zeigten, dass Delinquenz in Art und Häufigkeit mit dem Alter variiert. Im Alter zwischen 16 und 20 Jahren erreicht die Kriminalitätsbelastung ihren Höhepunkt. Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Kriminalitätsbelastung deutlich ab. Nach dem 60. Lebensjahr ist die Straffälligkeit eher selten. In den letzten Jahren ist ein deutlicher Anstieg von Jugenddelinquenz zu erkennen. 80 Prozent der Straftaten werden von männlichen Jugendlichen begangen (vgl. Montada, S. 862 f.).
Unter dem Einfluss von biologischen Voraussetzungen, soziokulturellen Erwartungen und persönlichen Möglichkeiten, die allerdings stark durch die Lebensgeschichte bestimmt sind, müssen Jugendliche Wege finden, um ihre Entwicklungsaufgaben zu lösen. In der heutigen offenen Gesellschaft ist dies kompliziert. (vgl. http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/INTERNET/ARBEITSBLAETTERORD/
PRAESENTATIONORD/Thema9.html#).
Viele Studien ergeben eine lange Liste von Ursachen für Delinquenz:
Jugendliche aus sozial gestörten Familien sowie aus Familien mit ungünstigen Wohnbedingungen sind bei kriminellen Verhaltensweisen überrepräsentiert. Die Bedingungsfaktoren für Jugendkriminalität liegen demnach zum großen Teil im sozialstrukturierten Kontext (vgl. Hurrelmann, S. 202).
Manche Kinder von heute erleben die Schule als eine Aneinanderreihung demütigender Erfahrungen. Nach einen fragwürdigen Ausleseverfahren erfolgt die Unterscheidung in gute und schlechte SchülerInnen. Besonders schwer lastet die Schulzeit auf jenen, die wegen ihrer ungenügenden Schulleistung gehänselt werden. Die Gedemütigten geben sich nach außen stark und unangreifbar. Ihre Verletzung geht jedoch sehr tief und im Grunde suchen sie nur Bestätigung und Anerkennung. Wehrlosigkeit überspielen sie mit Ramboimitationen, die ihnen die ersehnte Beachtung, wenn auch in Form von negativer Anerkennung, verschafft (vgl. Zeltner, S. 53).
Dieweil das Lehrpersonal beim Pausenkaffee die Eskalation der Schülergewalt bejammert und die Ursache dieser unheilvollen Entwicklung bei den Eltern ortet vorab in der mangelnden Betreuung durch berufstätige Mütter und dem damit verbundenen Video-Konsum, erpressen und drangsalieren die unverfrorensten Jungen Schwächere und verdammen sie mit Drohungen zum Schweigen (vgl. Zeltner, S. 55f).
Die soziale Lerntheorie hat einige wichtige Hypothesen und Untersuchungen zu den Auswirkungen von Gewaltdarstellungen in den Medien, vor allem in den visuellen Medien wie Fernsehen, hervorgebracht. Gewaltdarstellungen im Fernsehen können verschiedene ungünstige Einflüsse auf die Sozialisation haben, die dann insgesamt die Wahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens erhöhen. Die Beobachtung aggressiven Verhaltens im Fernsehen führt zu einer Desensitivierung für Aggression im Alltag. Das hat wiederum ein höheres Maß an Akzeptanz aggressiven Verhaltens zu Folge. Durch Gewaltdarstellungen können außerdem aggressive Skripte erworben werden, die dann auf ähnliche Alltagssituationen übertragen werden, ein Phänomen, das vor allem bei Jungen aufzutreten scheint. Der Erwerb aggressiver Skripte durch Modelllernen ist besonders wahrscheinlich, wenn sich die Zuschauer mit dem aggressiven Helden des Films identifizieren, wenn die dargestellte Gewalt realistisch gezeigt wird (vgl. Bierhoff/Wagner, S. 13).
Hurrelmann, Klaus (1994): Lebensphase Jugend. Eine Einführung in die sozialwissenschaftliche Jugendforschung. Weinheim und München: Juventa
Montada, Leo: Delinquenz. In Oerter, Rolf & Montada, Leo (2002), Entwicklungspsychologie (S. 859-873). Weinheim: Beltz
Stangl, Werner (2004): Delinquenz im Jugendalter. Online im Internet: URL: http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/
MORALISCHEENTWICKLUNG/Deliquenz.shtml [Stand. 17.12.2005]
Illich, Margit (1997): Jugendliche und Devianz. Online im Internet: URL: http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/INTERNET/ARBEITSBLAETTERORD
/PRAESENTATIONORD/Thema9.html#1 [Stand. 17.12.2005]
Zeltner, Eva (1996): Kinder schlagen zurück. Jugendgewalt und ihre Ursachen. München: Deutscher Taschenbuch Verlag
Bierhoff, Hans-Werner/Wagner, Ulrich: Aggression: Definition, Theorie und Themen. In Bierhoff, Hans-Werner/Wagner, Ulrich (1998), Aggression und Gewalt. Phänomene, Ursachen und Interventionen (S. 2-26). Stuttgart, Berlin und Köln: Kohlhammer